Niveau vs. Scripted Reality – David und Goliath des Fernsehens

Wie man hört, wird die Dokusoap “We Are Family” auf ProSieben aufgrund schlechter Quoten abgesetzt. An dessen Stelle kommt die US-Serie “Ghost Whisperer”, die bisher auf Kabel Eins lief. Zwar keine erstklassig anspruchsvolle Serie, aber zumindest ist es eine Verschönerung der deutschen Fernsehlandschaft.

Aber wir dürfen uns nicht zu früh freuen, denn auf RTL ist immer Verlass! Die sorgen schon wieder für Balance im Niveau-Dschungel. In dem Artikel von DWDL.de heißt es nämlich noch, dass offensichtlich die billigen Scripted Reality Formate der RTL-Gruppe die lebenswichtigen Quoten gewinnen. Geschätzte Produktionskosten von ca. € 30.000,- bringen da regelmäßig ca. 30% Einschaltquoten. Wenn das mal kein effizientes Programmmanagement ist!

Kurz zu Scripted Reality: Eine Pseudo-Dokumentation, die (wie der Name schon sagt) scripted ist. Also sozusagen die programmierte Realität – nach Drehbuch. Das geniale Prinzip: Laiendarsteller werden laienhaft gefilmt und stellen dramatisierte Situationen dar: Schockierend, sensationalistisch und äußerst stumpfsinnig. Beispiele dafür sind „X-Diaries“, „Familien im Brennpunkt“ oder „Betrugsfälle“.

Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen nannte das Ganze mal sehr treffend: „Sozialporno“.

Das Beste kommt aber noch. Ich habe es vorhin erst gelesen, aber diese Empfehlung von Christian Stichler wurde bereits letztes Jahr dem NDR vorgestellt. Der Titel heißt „Scripted Reality – Eine Chance für den NDR?“. Im Folgenden ein kurzer Auszug:

„Ein Kopieren -der ReaIity-Formate für das öffentlich-rechtliche Fernsehen scheidet aus unserer Sicht aus. Dafür sind Sehgewohnheiten und Erwartungshaltung unserer Zuschauer andere als die des RTL-Publikums. Dennoch ist die fiktionale Erzählweise im Doku-Stil ein dramaturgisches Mittel, das in Zukunft an Bedeutung gewinnen könnte, da es spannende Geschichten zu einem relativ kleinen Budget liefert. In einer Übersetzung für die Sehgewohnheiten unserer Zuschauer könnte diese Erzählweise auch im öffentlich-rechtlichen Umfeld funktionieren. Wir möchten dieser Frage gerne anhand eines Pitchings nachgehen.“

Ich hoffe sehr, dass diesem Vorschlag kein Gehör geschenkt wurde und auch in Zukunft nicht wird. Die öffentlich-rechtlichen haben ja schon einige Aspekte der privaten Sender übernommen, aber wenn jetzt auch noch „spannende Geschichten zu einem relativ kleinen Budget“ gesendet werden, gebe ich jede Hoffnung auf! Aber wir bleiben ja stets optimistisch und wissen, dass schlussendlich das Niveau trotz allem siegen wird

Ein Lichtblick: Das ZDF hat angekündigt, seinen Theaterkanal am 07. Mai in zdf.kultur zu ändern. DWDL.de hat darüber berichtet und das Programmschema bildlich dargestellt.

Gut sieht’s aus!

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